Also wenn ich unsere Reise allein geplant hätte, wären wir wahrscheinlich sehr viel mehr mit Seil unterwegs gewesen und hätten sonst nur neue Gebiete in abgefahren Ländern erkundet, in denen nicht unbedingt jeder zum klettern hin fährt. Und genau deswegen ging es nach Bolivien. Hoffentlich ein wenig Abenteuer. Unser Ziel war das Valle de las rocas in der Nähe von Uyuni im Süden Boliviens. Hier waren zwar schon ein paar Boulderer und anscheinend gibt es hier unwahrscheinlich viel Fels. Also ein wenig Spanisch gelernt, Jeep (naja SUV) gemietet und ab dafür. Erstmal kamen wir im Südamerikanischen Chaos an, doch waren wir ja auch schon in Indien auf der Reise, also alles kein Problem und irgendwie lädt die Südamerikanische Mentalität auch zum Wohlfühlen ein. Auf diversen Blogs und in Videos wurde der Verkehr hier als eher geisteskrank beschrieben und mit der Einstellung war es dann doch viel entspannter als erwartet. Auch gut.
Landschaftlich ist Bolivien der Hammer und schon der Anflug auf La Paz ist spektakulär, da man auf einer 4000m hohen Ebene landet (el Alto) von der aus sich die Stadt in einen super steilen Kessel eingebettet hat, der wiederum von 6000ern umgeben ist. Hammer.
Zuerst ging es dann den steilen Kessel runter um uns mit Gaskartuschen einzudecken, die es glaub ich nur in La Paz gibt (außer man kauft einen fetten Kocher hier). Und hier merkt man erstmal wie steil die Stadt ist. Vor allem da Serpentinen nur partiell vorhanden sind und die Straßen teils senkrecht nach unten (gefühlt 45°) gehen und wir selbst mit unserem SUV fast wieder rückwärts runter gerollt sind (kein Scheiß).
Das mit dem Akklimatisieren ist halt so ne Sache, wenn man schon auf 4000m landet. Da La Paz nur 500m tiefer liegt dachten wir, somit können wir auch gleich nach Süden fahren und strengen uns halt ein bissl weniger an. Das ist aber gar nicht so leicht, da Koffer in ein Hostel schleppen einen schon ganz schön außer Puste bringt. Naja und man hat halt die ersten Tage ein wenig Kopfweh. Aber basst scho. Zum Glück war ja immer noch WM und Fußball schauen ist auch nicht so anstrengend (au wenns irgendwie doof war was der Titelverteidiger gemacht hat). Uyuni bietet sich an um recht umfangreich einkaufen zu gehen, da vor allem Frischwaren im Bouldergebiet recht rar sind (und man sich auch nicht nur von Coca Cola ernähren kann).
Das Gebiet sollte irgendwo in der Nähe von Alota sein, also erstmal da hin und Augen auf. Ja und da bekam man was zu sehen. Nämlich viel Fels geil. Also sind wir erstmal in die Richtung der meisten Blöcke gefahren, was eher südlich war. Das Blockfeld ist zwar rießig, aber direkt rein zu kommen ist gar nicht immer so einfach, da es nicht so viele Wege gibt und unser SUV (nicht Geländewagen) von der Höhe schon manchmal knapp vor Anschlag war (oder drüber? irgendwie ist der Durchmesser des Auspuffs unerklärlich kleiner geworden). Auf jeden Fall geisterten wir so ein wenig durch die Gegend und hatten erstmal auch nicht so die Hektik, da die Puste immer noch nicht so ganz da war. Das Blockfeld ist außerdem nicht nur riesig groß, es variiert auch die Felsquali teils recht stark. Vor allem die Nordseiten (also die in der Sonne; Südhalbkugel und so) sind meist eher Schotter, da sie irgendwie nicht die Patina des Wüstenlacks bilden, welcher die Oberfläche stabilisiert. Im Schatten war der Fels teils jedoch richtig cool (vor allem, wenn es nicht so steil war) und es bilden sich richtig coole Features (vor allem Kanten etc.). Geil und dass vor allem im Schatten. Keine Schweißfinger dachte ich und Andrea fror halt n bissl (war schon kalt vor allem wenn der Eiswind an war, was meistens der Fall war). Ich sag mal so, man hätte auch in der Sonne klettern können, aber da war der Fels halt Scheiße. Und ich musste mich in den USA auch mit 30°C rumschlagen, also schon irgendwie gerecht.
Nachts hätte es durchaus etwas wärmer sein dürfen. Wir haben zwar nie mitten in der Nacht aufs Thermometer geschaut, doch waren teils Kanister mit Wasser, Eier oder die Milch komplett durchgefroren, so dass es wahrscheinlich schon so um die -15°C hatte. So waren wir meist recht froh früh im Schlafsack zu sein und verbrachten doch durchaus einige Stunden im Zelt (was mit der Freundin ja auch nicht so schlimm ist).
Auf der Suche nach mehr Fels drifteten wir immer weiter gen Süden ab und strandeten nahe des Ortes Villa del Mar, wo sich ein weiteres kleines Gebiet befindet. Achja und schön war es da auch. Es gibt eine Quelle (sogar etwas warm), aus der sich ein kleines Flusssystem nährt, welches einer Lagune ähnelte, auf der den ganzen Tag Lamas grasten. Weiter wird das Ganze im Hintergrund von dem superschönen 6000m hohen Uturunku Vulkan eingerahmt. Um den Kitsch abzurunden gab es jeden Abend mega Sonnenuntergänge und danach einen glasklaren Blick auf die Milchstraße (wohnen ja nicht so viele Leute im Nirgendwo, die Lichtverpestung betreiben können). Achja und wer auf Kultur steht kann hier auch noch Höhlenmalereien anschauen. Ganz nettes Gesamtpaket oder?
Auch hier waren die Boulder richtig cool und vor allem so um die 7a angesiedelt, für Andrea richtig cool und für mich auch ganz gut um mich ans Gebiet zu gewöhnen, doch nachdem die Sauerstoffzufuhr im Blut so langsam besser wurde, kletterte Andrea ihre Projekte und ich sehnte mich auch mal wieder nach ner Challenge und so entschieden wir uns weiter zu suchen (ich hatte zwar noch ein Projekt, doch irgendwie gefiel es mir nicht zu 100%, da die Crux dann doch etwas nah am Boden war).
Außerdem mussten wir ohnehin mal wieder Vorräte kaufen und entschieden uns 180km nach Uyuni zu fahren (Puh, schon anstrengender als 5min zu Lidl zu laufen). Aber dafür ist das shoppen hier auf dem Markt auch irgendwie erfrischender. Naja beim Kontakt mit Menschen wurde mir meist sehr schnell bewusst, dass ich trotz eiserner Disziplin beim Lernen mit meiner Spanisch App (vor allem in den USA) sehr schnell an die Sprachgrenzen komme. Sprachspasti bleibt halt Sprachspasti. Dennoch haben wir immer bekommen was wir gebraucht haben, also doch besser als nichts. Ich bleib da mal dran. Direkt bei Uyuni ist auch die größte Salzpfanne der Erde und dass mussten wir uns natürlich auch anschauen. Anscheinend darf man da mit unserem Mietwagen nicht drauf (soll irgendwie leicht den Rost anregen), deswegen würden wir es nie machen. Wie wir es trotzdem angeschaut haben und danach gen Valle de las rocas sind bleibt also ein unergründliches Mysterium. Ist aber irgendwie schon abgefahren. Weiß soweit das Auge reicht, umrandet von Vulkanen etc. Nur ganz alleine ist man nicht, da hunderte von Jeeps hier Touren anbieten, welche Touristen über den Salar shippern. Vor allem die Insel Incahuasi glich eher einem Freizeitpark (sooo interessant sind die paar Kakteen auch nicht). Sonst war‘s aber schön und sind auf dem Weg zurück zu den Felsen auch nicht im Salzmorast stecken geblieben.