Unser zweiter Stopp in Südamerika, war Peru. Das primäre Ziel war vor allem Huayllay, einem Andenort, der 250km nordöstlich von Lima nahe der Stadt Cerro de Pasco gelegen ist. Mit knapp 4500m Höhe ist dies ähnlich oder noch ein wenig höher als die Gebiete in Bolivien. Weiter begegnet man auch in Peru der südamerikanisch positiven Einstellung der Leute, sonst hingegen unterschied sich dieses Ziel deutlich von unserem Bolivien Trip. Im Gegensatz zu Bolivien befindet sich das Klettergebiet nicht inmitten der Einöde sondern direkt am Rand des Ortes Huayllay und somit kommt man deutlich mehr mit den Leuten und dem Flair des Städtchens in Kontakt. Auch die Infrastruktur ist somit deutlich besser und macht einen Mietwagen relativ überflüssig (außer vlt. zur Akklimatisation, aber die hatten wir ja schon hinter uns). Somit ging es mit Taxi, Bus und Motorikscha durch die Gegend (und nach einer Weile gewöhnte sich sogar Andrea immer mehr an den hiesigen, recht offensiven Fahrstil).
Das Gebiet um Cerro de Pasco ist vor allem vom Bergbau geprägt und überall sieht man riesige Löcher, aus denen Blei oder Ähnliches abgebaut wird. Landschaftlich und umwelttechnisch ist dies natürlich nicht ganz so schick und die Region hat so mit erheblichen Problemen zu kämpfen. Vor allem in Cerro de Pasco (oder auch la Oroya), welches sich um das größte Loch befindet, seien die gesundheitlichen Probleme anscheinend sehr drastisch und es ist sogar in Überlegung die ganze Stadt um 20km zu verlegen. Auch wenn man als Tourist davon natürlich wenig mitbekommt und auch den Belastungen nur sehr kurz ausgesetzt ist, stimmt ein dies natürlich sehr nachdenklich. Aber klar, andererseits müssen die Leute auch hier von etwas Leben und auch wenn das meiste Geld höchstwahrscheinlich ins Ausland abfließt ist ein Minenjob meist besser als gar keiner. Es wird jedoch auch versucht den Tourismus etwas zu fördern und das Vorzeigebeispiel ist hier der Bosque de Piedras (Steinwald), ca 10km vor Huayllay. Hier stehen wilde Vulkanformationen, die z.B. wie ein Alpaka oder Elefant aussehen auf grünen Wiesen und werden von Schafen oder Alpakas umkreist, was doch schon sehr schön aussieht.
2010 war ich schon einmal mit dem Felskader BW in Huayllay um Boulder zu erschließen, was ziemlich cool war (wär ja auch doof sonst nochmal zu kommen). Allerdings hatten wir damals am Anfang fast schon frustriert festgestellt, dass diese pittoresken Vulkanformationen zum Klettern eher ungeeignet sind, da erstens zu viel Struktur (also zu leicht zum Bouldern) und zweitens Bruch. Besser waren die Blockfelder aus Felsstürzen (genauen Felstyp versuch ich noch herauszufinden (ich als Laiengeologe habe noch keinen Plan, sorry und ja, ich schäme mich auch)), nahe Huayllay (Nachtrag, wahrscheinlich ist beides vulkanischer Tuff, der in dem Felssturz jedoch deutlich kürzer der Verwitterung ausgesetzt ist). Als Unterkunft war es hier in Canchacucho allerdings super. 2010 hatten wir in Bungalows gehaust, die im Rahmen der Tourismusförderung frisch für uns eröffnet wurden. Hier wollten wir wieder rein, allerdings waren sie für über ein halbes Jahr mit Minenarbeitern ausgebucht (so viel zur Tourismusförderung). Allerdings durften wir am Eingang des Steinwalds campen und wurden super freundlich von Rubilla und Marucha, die ich schon vom ersten Mal kannte, aufgenommen.
So, doch nun zum Klettern. Diesmal mussten wir ja nicht lange suchen (wie 2010 an der falschen Stelle zuerst) und es ging direkt in den 45° Sektor (der Beste natürlich). Für mich war erstmal angesagt alte Rechnungen zu begleichen und so startete ich mit „Macht kaputt was euch kaputt macht“, einem Boulder den ich vor 8 Jahren gefunden hatte, der damals jedoch nur von Alex geklettert wurde. Weiterer Vorteil, er ist nicht so hoch und war somit gut für meinen Knöchel. Nachteil der Beschäftigung war jedoch: ich hatte ihn nach ca. 30 min schon gemacht. Hmm, vlt hatten wir uns mit 8a doch ein wenig verschätzt, oder ich war dank Höhenkur echt fit. Da durch das Blockfeld laufen für meinen Knöchel eher mittel war, ging es erstmal nicht ans suchen und ich machte mit dem Boulder „Franken Kranken“ (8a) daneben weiter. Hierbei handelte es sich um eine Verlängerung von „Viva el mono“, einem Einfingerlochschild. Voll geil. Und Löcher kann ich noch immer, also ging auch der Boulder relativ flott (Geil bin fitter geworden und hab dank Video Analyse entdeckt, dass ich doch besser frontal klettern kann wie vor 7 Jahren, ja Max da waren meine Schultern „noch“ schwächer).
Für Andrea war das einklettern etwas anstrengender, da sie sich erstens an das neue Gebiet gewöhnen musste und ich auch viele der leichteren Boulder vergessen hatte. Also hieß es erstmal suchen. Dabei entstanden auch einige echt coole Linien, wie „Pueblos Magicos“ oder „Maca Manzana“. Ein weiteres Problem stellten für Andrea die sehr blockigen Landings dar (ja ist halt n Blockfeld). Doch mit „Life in marvellous times“ (7b) hatte auch sie bald ein Projekt gefunden, dass sich aber eher als zäh erwies, da die Mikroleisten der Haut recht schnell den Kampf ansagen (I told you so).
Ja und auch ich wollte dann mal ne Erstbegehung machen und so versuchte ich mich an einem Sprungprojekt, dass letztes Mal noch niemand hinbekommen hatte. Allerdings war das Landing hier auch nich so doll, was mich mit meinem Knöchel schon etwas bremste. Also hieß es Steine schleppen und Landing bauen (Holz gibt’s auf 4500m ja nicht mehr). Naja der Sprung war immer noch sau koordinativ und irgendwie konnte ich das Loch (auch noch etwas scharf) nicht recht zumachen. Allerdings lief das Ende diesmal mit der richtigen Variante echt gut. Und long story short, nach ein paar Tagen hielt ich den Sprung dann doch, verbemmelte es nicht mehr und seitdem heißt der Boulder „revenge of the redbeard“ (8a+). Fand ich eigentlich ganz cool und ich denke, dass es im Laufe unserer Reise die 3. 8a+ Erstbegehung auf einem anderen Kontinent ist. Könnt auch Mal irgendwer wiederholen (zumindest des in den Rocklands ihr Pfeifen), aber wenn nicht kann ich immerhin sagen, is mega schwer. Achja, hier war jetzt mein Peak erreicht und die Motivation ließ wieder nach.
Klettern ist ja aber nicht alles und Peru war vor allem wegen dem Flair und den Leuten ein Erlebnis. Schon der Weg zum und vom Fels war meist recht lustig und beim trampen, Taxifahren (auch oft im Kofferraum), oder in den Motortaxis kommt man schon einmal ganz gut mit den Leuten ins Gespräch (und so langsam wird zumindest mein Smalltalk Spanisch etwas besser). Wir hatten zwar einen Kocher gekauft (mit fetter 10kg Gasflasche), doch sind wir fast immer nach dem Klettern in Huayllay hängengeblieben und haben hier die Kulinaritäten durchprobiert. Vor allem die vielen Snackstände waren der Hammer und auf über 4000m, wird man auch von Pommes und frittierten Panqueques (Pfannkuchenart) nicht dick. Weiter ist ein Menü mit Suppe für unter 2€ auch gar nicht so schlecht (generell wurden wir auch selten als Touris übers Ohr gehauen, was im Gegensatz zu Indien recht angenehm war). Ein weiteres Indiz für nicht Indien und sehr verwunderlich, war, dass wir obwohl wir fast alles probiert haben eigentlich keine Magenverstimmung bekamen. Zurzeit ist Hühnchen in Peru ziemlich in und auch richtig gut zubereitet. Schaf bekommt man auch noch recht oft, beim selber kochen hingegen bevorzugten wir meist Alpaka, was auch richtig lecker ist (außerdem ist es einfach cool, wenn der Metzger so ein halbes Alpaka mit der Bandsäge zerteilt).
Andrea hatte mittlerweile ein Crimpshield als Projekt auserkoren, dass ich kurz zuvor erstbegangen habe. Es lief auch ganz gut, doch als Andrea alle Züge hatte, musste ich mich nochmal in dem Boulder aufwärmen und irgendwie riss ich dann mit meiner schier unbändigen Kraft den Startgriff heraus (war ja nich mehr soo dick also kein Argument, trotzdem sorry). Ja dann ging es erstmal wieder ans ausbouldern, doch nach ein paar Tagen ging der erste Zug dann wieder. Ich versuchte mich derzeit an einem Projekt direkt daneben, dass Alex 2010 schon mal kurz versucht hatte. Die Variante die Alex versuchte (und auch nicht hinbekam) konnte ich nicht klettern, da ich zu wenig Spannung im linken Fuß hatte und der noch dazu immer noch kaputt war. Ich kam dann auf die Idee mir das Schild steil zu reden (ja noch steiler als es war), weil dann kann man ja mit Füßen voraus klettern. Und ja der Zug funktionierte mit Füßen über dem Kopf und war sogar aufzulösen. Allerdings gestaltete sich das Fuß hochbringen eher schwer und egal auf welche Variante, die Füße wollten nicht ganz hoch (natürlich benötigte ich ein paar Tage um herauszufinden, dass ich einfach zu wenig Spannung hatte). Also einfach hinspringen. Fühlte sich zwar knapp an, aber irgendwie hatte ich Angst voll in die hintere Wand zu schmettern und Andrea hätte ich wohl eher auch plattgemacht, wie dass Sie hier was spotten hätt können. Naja dann halt nicht.
So langsam war mal wieder Pause angesagt und wir entschieden uns 4000m den Berg runter zu fahren und zumindest den nahegelegenen Regenwald anzuschauen. Nachdem wir ca. 4 Stunden den Berg runtergefahren sind gab es plötzlich wieder Flüsse und Bäume, viele Bäume. Urwald halt. Achja und plötzlich war es auch 20 Grad wärmer. Erstmal ging es jedoch wieder etwas hoch in den Nebelwald von Oxapampa. Nach etwas Orga-aufwand (man muss erst im letzten Winkel vom Ort ein Ticket für den Nationalpark Yanachaga Chemillén kaufen nur um sich dann eh nochmal oben anzumelden), ging es auf eine Wanderung den Berg hoch. Die Wanderung war ziemlich cool und schlängelte sich unten noch durch ein paar Maracuja Plantagen, im Nationalpark angekommen war jedoch Urwald angesagt, mit Farnen, Lianen und abgefahrensten Baumformen. Weiter oben kam man dann auch in den Nebel und es wurde immer mosiger (auch in den abgefahrensten Farben). Anscheinend gab es Brillenbären und Affen, die wir jedoch leider nicht zu Gesicht bekamen. Vögel hörte man zwar überall, doch auch diese versteckten sich gut und waren schwer zu Gesicht zu bekommen. Allerdings sahen wir 2 coole Schlangen, die allerdings, wie alles andere hier, ungefährlich waren (auch schön, sogar die Moskitos haben nix ansteckendes).
Nach dem Bergregenwald ging es wieder zurück nach La Merced. Auch Dschungel, diesmal aber fast auf Meereshöhe. Endlich mal nicht so kalt und die Atmosphäre da unten ist auch erfrischend anders. Vor allem Andrea war von den wahnsinnig vielen Obstständen begeistert. Papaya, Orangen, Bananan, Ananas, Mangos und noch viel mehr, soweit das Auge reicht. Achja und dazu gibt es noch diverse Fruchtbars, in denen diese Früchte dann zu frischem Saft verarbeitet werden, welche von uns dann bevorzugt mit größeren Mengen von Kuchen genossen wurden (auch mega lecker und mit riesen Auswahl). Ein bisschen Natur gönnten wir uns aber auch noch und so schauten wir uns 3 kleinere Wasserfälle an. Die Wasserfälle waren jetzt zwar nicht so spektakulär (wir waren da z.B. aus dem Yosemite aber auch an einiges gewöhnt), doch der Weg dahin, inklusive Passagen durch den Fluss in engen Schluchten und sehr abgefahrener Vegetation, war richtig cool. Weiter gab es noch ein leckeres Essen und ein Fläschchen Wein um meinen Geburtstag noch etwas rein zu feien. Bin jetzt mit 30 dann eh offiziell Steinalt und des mit dem klettern kann man dann ja auch eh fast aufhören. Schau mer mal. Auf jeden Fall ging es dann wieder den Berg hoch und die letzten Klettertage unserer Reise waren angesagt.
Joa und ich hätt mir die letzten Klettertage auch sparen können, die Luft war raus. Physisch und noch mehr psychisch. Also die Rest-tage nochmal das Leben genießen. Läuft. Aber Andrea war noch motiviert und versuchte sich mit Haut und Herz an „crimp of progression“ (7b). Der erste, von mir modifizierte, Zug war entschlüsselt und Andrea fightete sich regelmäßig bis nach ganz oben. Doch dort wartete die 2. Crux: ein echt weiter Schnapper von 2 echt schlechten Leisten. Gar net so leicht. Es war teils mega knapp, doch leider immer knapp daneben. Und knapp daneben ist halt nicht oben und so war Andrea leider das ersehnte Erfolgserlebnis nicht vergönnt. Somit kam es dann nicht zu dem klettertechnisch perfekten Abschluss des Trips (sie hätt sichs scho verdient). Aber egal, bei so nem geilen Trip passiert das halt mal.

Crimp of progression 7b / knapp daneben ist auch vorbei
Etwas wehmütig ging’s jetzt nur noch heim. Um das noch möglichst cool zu gestalten entschieden wir uns nicht den Hauptweg nach Lima zu fahren (mit luxuriösem Sleeper Bus), sondern mit einem Minivan auf einer Dirtroad den Berg runter zu fahren. Und das hat sich auf jeden Fall gelohnt. Zwar mussten wir mit unserem Gepäck etwas diskutieren, doch wurde gegen kleine Extragebühr ein Türmchen aufs Dach gebaut und es konnte los gehen (auch wenn der Fahrer nicht so glücklich war). Dann ging es zunächst an abgefahrenen Minen vorbei (schon krass was da so aufgerissen wird) und anschließend ins einsame Hinterland. Von 4800m auf Null. Knapp alpin, bis zur Küstenwüste, nur zwischen drin mal kurz Bäume und Flussoasen. Rein geographisch ziemlich spektakulär, aber auch einfach nur schön. Dann nochmal richtig gut essen in Lima und der Rest war dann wirklich nur noch nervige Heimreise. Vor allem mit ein und auschecken in Puerto Rico, Magenschmerzen im Flugzeug (in Südamerika jeden Unfug gegessen und dann wird einem im Flieger schlecht, logisch) und verspätetem Gepäck in Frankfurt.
Der Trip ist vorbei. Schade eigentlich. Aber irgendwann ist halt Zeit für alles und für mich ist es jetzt auch mal wieder Zeit für was anderes, was auch ok ist (wird einen schon früh genug wieder annerven). Auf jeden Fall war der Trip Hammer und von so Erinnerungen kann man ja schon auch ein wenig zehren. Yihaa.
Und das nächste Abenteuer kommt bestimmt auch bald wieder…